5604.ch

die multimediachronik von hendschiken

Familiennamen

Nomen est omen

Haben Sie sich schon einmal gefragt, wieso die Familie Meier bei uns im Dorf „s’Spregels“  genannt wird oder was zum Beispiel der Familiennamen „Zobrist“ wohl bedeutet? Diesen Fragen wollen wir uns im Folgenden annähern. Vielleicht entdecken Sie die eine oder andere Überraschung...

Familiennamen (allgemein)

Familiennamen sind geschichtlich gesehen etwas Junges, denn während Jahrhunderten genügte ein Vorname, um jemanden zu bezeichen oder zu rufen. Genau so ist es mit den Familienwappen: Ein Wappen zu führen war nur der Oberschicht erlaubt (Adlige, Zunftmitglieder, hohe Geistliche). Wenn heute viele Familien stolz sind auf ihr Familienwappen, so ist dieses in der Regel nicht älter als 200 Jahre, weil erst nach der Französischen Revolution auch die „ganz Gewöhnlichen“ das Recht auf ein Wappen hatten; der Adel war ja nach 1789 abgeschafft worden, jetzt durften sich alle dieses ehemalige Privileg leisten.


Der Familienname dient im allgemeinen zur besseren Unterscheidbarkeit von Personen mit demselben Vornamen in einer Gemeinschaft (Quartier, Dorf, Stadt). Reichte im Mittelalter noch die Bezeichnung Friedrich von Hendschiken, so mussten die Namensbezeichnungen im Zuge des Bevölkerungswachstums differenzierter werden. Vor allem in Städten, die im Mittelalter einen grossen Aufschwung erlebten, genügte die Angaben Hans von Lenzburg nicht mehr, da in einer Stadt  mehrere Personen leben konnten, die denselben Vornamen führten. Also wurden zur klaren Unterscheidung zusätzlichen Angaben nötig,  z. B. der Vornamen des Vaters und auf diese Weise wurde aus dem Hans von Lenzburg dann z.B. Hans Sohn des Heinrich aus Lenzburg. Aber auch der eigene Beruf oder derjenige des Vaters (Fischer, Müller, Schmid, Zimmermann) konnte zur Unterscheidung angefügt werden. In anderen Fällen kann der spätere Familiennamen direkt auf eine Besonderheit oder ein Charakteristikum einer Person  (z.B. Klein, Lang, Dick,Rot oder auch Burri von burren=zanken) zurückgeführt werden. Häufig war aber auch die Herkunft (Basler, Berner, Zürcher) oder der Wohnort (Bühler von Bühl=Hügel; Amstad von Stad=Ufer) ausschlaggebend für den späteren Familiennamen.

Und so gibt es Familiennamen, die sich auf einen Personennamen (Friedrich, Pauli, Walter oder Werner), auf eine Berufsbezeichnung (Metzger, Bauer, Seiler), einen „Übernamen“ , eine regionale Herkunft (Elsasser, Schwab)oder einen Wohnort (Hilfiker, Glarner, Basler) zurückführen lassen.

Hendschiker Familiennamen


Wenn Sie jemanden fragen, welches denn ein typischer Hendschiker Familienname sei, so werden Sie mit Sicherheit „Zobrist“ zur Antwort erhalten. Dieser Familienname kommt bis heute in unserem Dorf sehr häufig vor. Aktuell sind 43 Zobrist (Kinder und Erwachsene) in Hendschiken wohnhaft.


Schon vor dem 18. Jahrhundert besassen das Hendschiker Bürgerrecht Ackermann, Aeschbach, Baumann, Hilfiker, Hunziker, Häusler, Meier, Schmid, Schwander und Senn. Sie zählen somit zu den ältesten Hendschiker Geschlechtern. Im  19. Jahrhundert erlangten das Hendschiker Bürgerrecht die Familien Amsler (1891 aus Schinznach Dorf), Bodmer, Eichenberger (1884 aus Burg AG) und Sorg (1893 aus Deutschland). Im 20. Jahrhundert, im Zuge von weiteren Einbürgerungen, wird die Liste  noch um folgende Namen erweitert:

Appl

Babuska

Bühner

Förster

Jordi

Lattion

Lüem

Mayer

Mengozzi

Notter

Spalt

Welte

Wettmann

(1933, aus der Tschechoslowakei)

(1977/1981, aus der Tschechoslowakei)

(1937, aus Deutschland)

(1942, aus Deutschland)

(1954, aus Dürrenroth BE)

(1955, Herkunft unbekannt)

(2001)

(1925, aus Österreich)

(1955, aus Italien)

(1941, Herkunft unbekannt)

(1926, aus Österreich)

(1915, aus Deutschland)

(1953, aus Deutschland)

Bei Baumann, Hilfiker oder Schmid lässt sich der Ursprung des Namens ohne weiteres erkennen und deuten (Beruf, Herkunft). Bei anderen Familiennamen wie z.B.  Zobrist ist der Ursprung oder die Herkunft des Wortes nicht offensichtlich.


Zobrist kommt von „zu oberst“


Gemäss Jean Jacques Siegrist handelt es sich beim Namen „Zobrist“ ursprünglich um einen  Über- oder Zunamen mit welchem jemand bezeichnet worden ist, der zuoberst im Dorf oder im Siedlungsraum gewohnt hat. Dieser Zuname blieb dann bei den Nachfahren hängen, auch wenn diese nicht mehr unbedingt „zoberst“ wohnten.


Das Familienwappen, welches im Staatsarchiv in Aarau vorliegt, zeigt einen weissen Rechtsschrägbalken begleitet von zwei sich zugewendeten Monden und zwei  Sternen. Es fällt auf, dass das Wappen dieselbe Farbkombination aufweist, wie das Hendschiker Wappen, nämlich blau-gelb!


/_SYS_gallery/DasDorf/Familiennamen/FamilienWappenZobrist.jpg

Übernamen von Hendschiker Familien und Personen


Übernamen hatten und haben in einem Dorf, in welchem zahlreiche Personen mit demselben Familien- und Vornamen leben, eine ganz praktische Bedeutung, denn sie ermöglichen eine klare Unterscheidung.


Wenn ich also von Personen spreche, die ich mit „s’Guggerlis“ bezeichne, dann ist für alle HendschikerInnen klar, welche der verschiedenen Familien Zobrist  gemeint sind.


Entsprechend der oben aufgelisteten „alten“ Familiennamen, zeigt sich, dass in Hendschiken vor allem Angehörige der Familien Zobrist, Meier und Baumann Übernamen besasse , welch zum Teil auch heute noch in Gebrauch sind.  Mit Unterstützung  von alteingesessenen HendschikerInnen  gelang es,  die folgende Liste mit Übernamen zusammenzustellen:

 

Familiennamen

Übernamen

Wohnhaft / früher wohnhaft

Baumann

Hermann und Emil

S‘ Listers

 

Eichhof

Baumann

S’Becke

oder

S‘ Salzguschtis

(da man bei bei Baumanns

 das Salz kaufen konnte)

Dottikerstrasse 7

Baumann

S‘Chaspers

Schmittengässli 2

Baumann

S‘Fritzehanse

Dintikerstrasse

(Haus steht nicht mehr)

Baumann Eduard

Chelle Edi

 

Russenhof

Häusler Fritz

Bauer und Dichter

(von Beruf war er Metzger!)

Oberdorfstrasse

Häusler Willi

Bammert Willi

(Bannwart)

Schwarester

Häusler

S‘Armepflegers

Dottikerstrasse

Huber

Chorber Huber

Eichhofstrasse

Hunziker

S’Schangeruedis

Oberdorf

Hunziker

S‘ Bammerts

( Bannwart)

Büel

Meier Ernst

Geissbock Meier

Dintikerstrasse

Meier

 

S‘Wächters

Schmittengässli

(Haus steht nicht mehr)

Meier

S‘ Försters

(Gemeindeförster in 3. Generation)

Am Bach

 

Meier

Roberli (Berti, Alice …)

Ahornweg

(Haus ist abgebrannt)

Meier Ruedi

Spregel Ruedi

Die Nachkommen: S‘Spregels

Schmittengässli

(Haus steht nicht mehr)

Meier

Chüeffer Hans

Hauptstrasse 8

Schmid

S‘ Süppelers

Schwarester

Schmid

S’Schu(l)meischters

Schmittengässli

Senn

S‘Vrenis

Maiengrünweg

Senn Kurt

Sattler Kurt

Hauptstrasse

Senn Kurt

Trockenfutter Kurt

(da man dort das Trockenfutter

kaufen  konnte)

Sentli Kurt

Wydackerweg

Zobrist Adolf

Metzger Dölf

Hauptstrasse

Zobrist Adolf

Dolfi Dolfi

Bahnhofweg

Zobrist Hans

Noldi Hans

Oberdorf

Zorbrist Hans

Tambure Hans

Dintikerstrasse

Zobrist Heinrich

Dolfi Heiri

Schulweg

Zobrist Karl

Zemmermeischter Kari

Hauptstrasse

Zobrist Karl

Noldi Kari

Quellenstrasse

Zobrist

S‘ Trottmeischters

Hauptstrasse 1

Zobrist Walter

Noldi Walti

Schmittengässli

Zobrist

S‘ Guggerlis

Dottikerstrasse

Zobrist Hermann (sen.)

Bänte Hermi

Schmittengässli

Zobrist Wilhelm

Wagner Willi

Oberdorf

Zobrist Willi

Boppi Willi

Hauptstrasse

Zobrist

S‘Heirimiggels

Am Bach

(Haus steht nicht mehr)

Zobrist-Byland

S‘Bäntesämis

Mattenstrasse

Zobrist

S’Hanseoskis

s’Chrämers

(sie hatten einen Laden)

Hauptstrasse 4

Zobrist

S‘Schniderruedis

Dintikerstrasse 7

Zobrist

S‘Schaube

Dintikerstrasse

(ehemals „Hebammehuus“,

steht nicht mehr)

Zobrist

S‘Gschäftagente

Oberdorfstrasse

(Haus steht nicht mehr)

Zobrist

S‘Murermeischters

Wydackerweg

Die Liste der Übernamen zeigt auf, dass sich die Übernamen auf verschiedene Merkmale zurückführen lassen

  • auf einen Beruf (Chrämer, Förster, Zimmermeischter),
  • den Namen des Vaters (Noldi Walti, Dolfi Heiri) oder der Mutter (s’Vrenis),
  • ein Merkmal (s’Spregels, denn ein Vorfahre trug stets eine „gspregleti“ Mütze), ein Amt (Wächter, Bammert) oder eine Tätigkeit (Salzverkauf, Tambure, ….).

Bei einigen der oben angeführten Übernamen, wie z. B. s’Guggerlis, ist die ursprüngliche Bedeutung nicht so leicht erkennbar!

Brigitte Suter-Zobrist (d’Guggerli Brigitte) hat mir erzählt, dass ihr Vater, Ernst Zobrist-Schneeberger, ihr dazu folgende Geschichte erzählt habe: im oberen Teil ihres Wohnhauses (Dottikerstrasse 9) gab es ein Fenster, in welchem sich immer Tauben niedergelassen haben, welche sich mit dem typisch gurrenden Laut „Guggu-guggu“ bemerkbar gemacht hätten. Der lautmalerische Übername blieb dann sozusagen bei den Angehörigen hängen und so heissen sie heute noch s’Guggerlis!


Die Liste ist keineswegs komplett und wenn Sie noch weitere Übernamen kennen oder etwas zu deren Bedeutung erzählen können, dann melden Sie sich doch bitte bei Sabina Vögtli-Fischer.

Literatur:

- Online Familiennamenbuch der Schweiz (http://hls-dhs-dss.ch/famn/?lg)

- Jean Jacques Siegrist, Rupperswil.

Hendschikerinnen und Hendschiker, die mir mit vielen wertvollen Hinweisen und Informationen geholfen haben: Herbert Baumann, Dora Fischer-Hofmann, Hedi Lüthi-Hofmann, Paul Eichenberger, Olga und Hans Meier-Zobrist

Sabina Vögtli-Fischer (2010)

©2009 | gemeinde hendschiken | www.5604.ch | info@5604.ch