Wilhelm Zobrist-Zobrist (1880-1927)
Recherchen zur Geschichte der SP Hendschiken haben gezeigt, dass anfänglich vor allem ein Mann die Geschicke der Ortspartei gelenkt und sich aktiv für die Verbreitung des sozialdemokratischen Gedankenguts in Hendschiken und Umgebung eingesetzt hat, nämlich Wilhelm Zobrist. Im Folgenden sollen in einer skizzenartigen Beschreibung einige Stationen seiner politischen Laufbahn aufgezeigt werden.
Wilhelm Zobrist wuchs in Hendschiken in einfachen Verhältnissen auf. Man weiss von ihm, dass er gerne eine höhere Schule besucht hätte, doch es fehlte der Familie an den dafür nötigen finanziellen Mitteln. So erlernte Wilhelm in Othmarsingen den Beruf des Steinhauers. Seine beruflichen Wanderjahre führten ihn in die Ostschweiz und nach Genf, wo er mit Leuten in Kontakt kam, welche die Lehre des Sozialismus verbreiteten. Es ist davon auszugehen, dass er in dieser Zeit politisiert worden ist und sich intensiv mit den Ideen und Theorien des Sozialismus auseinanderzusetzen begann.
Nach der Rückkehr in sein Heimatdorf setzte sich Wilhelm aktiv dafür ein, „möglichst viele Arbeiter aufzuklären und für die sozialdemokratische Partei zu gewinnen“. So wird in einer Quelle erwähnt, dass er den Grütliverein in Othmarsingen gegründet haben soll. Zudem haben die Recherchen zur Geschichte der SP Hendschiken gezeigt, dass Wilhelm Zobrist auch bei der Gründung der Sozialdemokratischen Partei in Hendschiken federführend war. Das politische und gewerkschaftliche Engagement von Wilhelm Zobrist fand denn 1918 eine erste Anerkennung, als er in Hendschiken als erstes Mitglied der SP in den Gemeinderat und zugleich zum Gemeindeammann gewählt wurde. Sein Bekanntheitsgrad auch ausserhalb der Gemeinde muss beachtlich gewesen sein, denn nur so lässt sich erklären, dass er 1919 als erster Sozialdemokrat in das Bezirksgericht in Lenzburg gewählt wurde. Die Bezirkspartei konnte dank Genosse Zobrist im darauffolgenden Jahr gleich eine weitere „Premiere“ feiern, denn Wilhelm wurde in einer Ersatzwahl 1920 als erster Sozialdemokrat aus dem Bezirk Lenzburg in den Grossen Rat gewählt.
Seine politische Laufbahn verlief in den folgenden Jahre weiterhin sehr erfolgreich, auch wenn Wilhelm und damit die SP bei einem späteren Wahlkampf den Sitz im Bezirksgericht verlor. Bei den Grossratswahlen 1925 wurde er mit dem besten Resultat des Bezirkes wiedergewählt und in seiner Heimatgemeinde Hendschiken konnte er zum zweiten Mal das Amt des Gemeindeammanns übernehmen.
Neben seinen politischen Ämtern war er als selbständiger Steinhauer tätig. Ein Zeichen seines Könnens ist z. B. das 1925 von ihm geschaffene Brückengeländer in Brugg. Wilhelm Zobrist war mit Ida Zobrist-Zobrist verheiratet und Vater von zwei Töchtern.
Sein früher Tod (22. August 1927) setzte seinem beeindruckenden politischen Engagement ein abruptes Ende. Die Bedeutung von Wilhelm für die Sozialdemokratische Partei in der damaligen Zeit wird durch die zahlreichen Menschen an seiner Trauerfeier (sie fand der vielen Trauernden wegen im Freien statt) und auch durch die mehrspaltige Berichterstattung im „Freien Aargauer“ zu den Trauerfeierlichkeiten unterstrichen.
Sabina Vögtli-Fischer
Wilhelm Zobrist (ganz rechts im Bild) mit seiner Frau Ida Zobrist-Zobrist und den zwei kleinen Töchtern Ida und Susanne vor seinem neuen Haus an der Othmarsingerstrasse 6 in Hendschiken. |