Hendschiken – Tour de Suisse
Zwei Mal Tour de Suisse in Hendschiken! Blättern Sie in den beiden Erinnerungsalben und lesen Sie den Text des damaligen Initianten, Josef Gschwend!
Auf die private Initiative von Josef Gschwend war Hendschiken zwei Mal ganz gross in den Medien. Er sorgte zwei Mal 1973 und 1979 dafür, dass unser Dorf durch die Tour de Suisse europaweit wahrgenommen wurde. Hendschiken – ein Dorf wie viele andere. Von Zeit zu Zeit gibt es auch in Hendschiken Menschen, welche durch ihr überdurchschnittliches Engagement unser Dorf über die engere Region hinaus ins Rampenlicht treten lassen.
Im März 2010 schrieb Josef Gschwend seine Erinnerungen auf. Er berichtet im folgenden Text über die Vorbereitungsarbeiten, Sorgen und Freuden und die beiden grossen Erfolge.
Gleichzeitig können wir die beiden grossen Fotodokumentationen ins Netz stellen, welche Christoph Fischer und Fix Zobrist seinerzeit erstellt hatten. Es handelt sich um zwei grossformatige Fotoalben, welche uns Josef Gschwend ebenfalls zur Verfügung stellte.
>> Erinnerungsalbum 1973 (PDF-File)
Tour de Suisse 1973 – Etappenankunft Hendschiken Von Josef Gschwend
Im Jahre 1965 lernte ich Sepp Voegeli kennen. Er war Verkaufschef der Firma Salmenbräu (später Cardinal). Er besuchte uns regelmässig im Volg Laden in Möhlin welchen meine Gattin und ich einige Jahre führten. Es gab zwei Gründe für seine persönliche Präsenz. Wir waren sein Bier-Kunde mit dem grössten Ladenumsatz und ich ein Fan vom Radsport. Voegeli war Direktor der Basler Rennbahn, zog die Radsporttage in Gippingen auf und übernahm als Direktor und Organisator auch die am Boden liegende Tour de Suisse.
Da ich schon als junger Bursche aktiv an Velorennen teilnahm, hatten wir immer genügend Diskussionsstoff und die Gespräche dauerten jeweils recht lange, für meine Gattin manchmal fast zu lange.
Eine Bier-Idee
Es dürfte im Juni 1971 gewesen sein, als wir an einer Bierrunde unter Kollegen in Hendschiken anlässlich der Tour de Suisse-Woche über diesen Event fachsimpelten.
Als ich von meinen Kontakten mit Sepp Voegeli erzählte, wurde ich ermuntert, so eine Ankunft einmal ins Dorf zu bringen. Es folgten dann Gespräche mit dem Tour de Suisse Direktor. Er war rasch für diese Idee zu haben, aber wegen bereits erfolgter Verträge erst für das Jahr 1973.
Veloclubpräsidenten in der näheren Umgebung verrieten mir später, dass sie erstaunt gewesen seien, dass Sepp Voegeli einem Organisator, welcher noch nie ein Juniorenrennen organisiert hätte, diesen Grossanlass übergeben habe. Der TdS-Direktor wusste, dass ich im Beruf auch mit Organisation vertraut war, doch auch er blieb den Medien Antworten schuldig. Aber eben wer nichts unternimmt, ist kein Unternehmer.
Nun musste ich mich um die Sponsorensuche kümmern. Da waren gute Beziehungen ein Vorteil. Es gab aber auch Leute, welche sich an frühere euphorische Zusagen nicht mehr erinnerten. Mein verstorbener Schwager, Walter Lüthi, zeigte sich bereit, als Vizepräsident den technischen Sektor zu übernehmen und sich an einem allfälligen Defizit zur Hälfte zu beteiligen. Dies war etwas beruhigend, war doch zu jener Zeit ein Budget von über Fr. 80‘000.-- kein Pappenstiel. Auf einen Geldbetrag der Gemeinde verzichteten wir.
Es folgten Absprachen und Sitzungen mit Behörden, Landbesitzern, Vereinen, Polizei, Telefondirektion, Versicherungen, Festhallenvermietern, Schaustellern, Lieferanten und Unterhaltern.
Nachdem das Wichtigste unter Dach und Fach war, erfolgte die Vertragsunterzeichnung mit Sepp Voegeli, am 7. Januar im Restaurant Horner.
Suche, Panne, Freudenfest
Weil die nötige Infrastruktur in der Turnhalle in Hendschiken noch nicht vorhanden war, mussten wir das Pressezentrum für das Heer der Journalisten in Othmarsingen installieren. Für die Entwicklung und Bearbeitung der Filme für das Fernsehen wählte Willi Kym, der Fernseh-Journalist, meine Garage aus. Pionierzeit!
Mit dem Quartiermeister der TdS ging ich auf die Hotelunterkunftssuche.
Da man den finanziellen Ausgang des Anlasses wegen diversen Dunkelziffern (Wetter u.a.m.) nicht kannte, musste ein grosser Teil der Vorarbeiten von mir selbst oder im engsten Kreis abgewickelt werden.
Eine sehr unangenehme Panne passierte in der Druckerei, in welcher das offizielle Tour de Suisse-Programm gedruckt wurde. Man vergass den von uns aufgeführten gesamten Gemeinderat in der Ehrengästeliste aufzuführen. Dies war für uns peinlich,
Wegen Zeitmangel konnte der Fehler nicht mehr korrigiert werden. Sepp Voegeli entschuldigte sich persönlich schriftlich beim Gemeinderat.
So kamen dann die Tage, wo die Vereine für den Einsatz von Aufbau der Festhütte. Bestuhlung, Bühne, Küche, Bar, Spaghettistube u.a., Signalisationen, Absperrungen, und Aufstellung der Fahnen gefragt waren. Da wurde gute Arbeit geleistet.
Am Freitag, 15. Juni 1973 gegen 17.00 Uhr traf dann der Fahrertross unter dem Jubel von einigen tausend Zuschauern und über 200 Ehrengästen auf einer der schönsten Zielgeraden der Schweiz ein.
Es folgten die Siegerehrungen und die Abendunterhaltung bei voller Festhütte mit den „Schatten“ und das Hometrainer-Rennen mit Bernhard Russi und Werner Dössegger. Präsentatoren und Motivatoren waren Fritz Iten, Dölf Märki und Ferdy Kübler.
Am nächsten Tag ging der Start zur nächsten Etappe über die Bühne.
Vergnügungspark und Charles Beaurné mit seinen 5 Berber-Löwen sorgten weiter für gute Stimmung.
Die Höhepunkte der Samstagabendunterhaltung waren das Schauturnen mit den Martschini-Girls und Kommentator Mäni Weber. Das 5-Mann-Tanzorchester „Valentins“ und die Ziehung des Tombola-Haupttreffers eines Autos sicherten die gute Laune des Publikums.
Eine spezielle Gewinnverteilung
Für die Schlussarbeiten, Demontagen von Festhütte und anderem waren wieder die örtlichen Vereinsmitglieder gefragt.
Nach Begleichung sämtlicher Rechnungen, wurden vom Reingewinn Hobby-Löhne an die Helfer ausbezahlt. Diese wurden nach vorgelegten aufgezeichneten Arbeitszeiteinsätzen vergütet. Es war den Helfern freigestellt, den Obolus zu behalten, oder einer Vereinskasse zukommen zu lassen.
Wir beschlossen im Weiteren, aus dem Reingewinn finanziert alle AHV-Bezüger von Hendschiken zu einer schönen Carfahrt mit Verpflegung einzuladen.
An einem herrlichen Septembertag erfreuten sich 59 Personen an dieser Reise.
Im weiteren spendeten wir Fr. 2‘000.-- an die Altersfürsorge im Dorf. Die gesamte Abrechnung übergaben wir, damit auch sicher alles seine Ordnung hatte, unaufgefordert dem bewährten Gemeindeschreiber, Heinz Frey, zur Begutachtung.
Ein Schlussfest für alle Helferinnen- und Helfer fand in der Hendschiker-Waldhütte statt. Am 14. September fand dann im Restaurant Bären in Hendschiken ein Filmvortrag mit Ferdy Kübler und Megge Lehmann vom Fernsehen vor über 100 Zuschauern statt.
Es war ein mega-toller Anlass. Der Zusammenhalt und die Kameradschaft bleiben als schöne Erinnerung haften.
Tour de Suisse 1979 – Schlussfinale in Hendschiken
Freunde der Hendschiker- Vereine motivierten mich, nach dem Erfolg mit der Tour de Suisse 1973 eine weitere Ankunft folgen zu lassen.
Das Ziel konnte für mich aber nur eine Steigerung der Erstauflage sein.
Inzwischen war mein Schwager, Walter Lüthi, der 1973 als Vizepräsident amtete leider verstorben.
So nahm ich wiederum mit Sepp Voegeli und allen weiteren für den Anlass wichtigen Personen analog der ersten Ankunft Kontakt auf.
Vorerst standen die Jahre 1977/78 für eine Durchführung zur Diskussion.
Mir war bewusst, dass der Wunsch in Hendschiken das Schlussfinale (sprich Einzelzeitfahren) durchzuführen, einen noch grösseren Zeitaufwand, als 1973 erfordern würde. Damals waren es 500 Freizeitstunden. Auch hatte meine Gattin Rita wegen meinen eingegangenen Verpflichtungen manchmal etwas schlaflose Nächte. Bei einem Budget von gegen Fr. 140 000.-- waren natürlich potente Sponsoren gefragt. Dies veranlasste mich, mit dem damaligen Direktor der Hero, Herrn E. A. Scherrer Kontakt aufzunehmen. Er war ein Manager, der mit raschen Entscheidungen keine Probleme hatte. So einigten wir uns rasch für eine Beteiligung der Hero und der Übernahme der Halbetappe Horgen - Hero Lenzburg. Als weiterer Sponsor konnte die AZM mit Verkaufschef H. Zurbuchen gewonnen werden.
>> Erinnerungsalbum 1979 (PDF-File)
15 Monate Vorbereitung
Nun mussten die Verträge mit Sepp Voegeli, den Bauern (Landmietverträge), Festhüttenvermieter, Musikern, Unterhaltern. Extrazug, Bus, Tombola und Lieferanten abgeschlossen werden. Auch die Unterkünfte für den ganzen Tross mussten mit dem Qm bewerkstelligt werden. Die Vorarbeiten dauerten etwa 15 Monate. Zahlreiche OK- und Koordinationssitzungen standen auf dem Programm.
Für Werbemassnahmen hatten wir im Dorf mit dem leider viel zu früh verstorbenen Ebi Körner einen hervorragenden Fachmann.
Für alle Jungen gab es gratis T-Shirts. Damit wollten wir den sportlichen Nachwuchs von Hendschiken ins rechte Licht bringen.
Einige Tage vor dem grossen Ereignis waren wieder die guten und tüchtigen Geister aus den Vereinen für die vielfältigen Aufgaben im Einsatz. Nach getaner Arbeit kam jeweils auch der gemütliche Teil nicht zu kurz.
Am Freitag, 22. Juni traf der Fahrer Henk Lubberding von Horgen kommend solo im Hero Fabrikareal unter frenetischem Jubel ein.
Am Nachmittag starteten die Fahrer in Hendschiken im Beisein von vielen Zuschauern und etwa 250 Ehrengästen zum 20 km- Schlusszeitfahren. Sieger wurde G. Knetemann. Roland Salm belegte den ausgezeichneten 4. Rang.
Unter Begleitung der Othmarsinger Musikgesellschaft fanden auf dem Zielgelände sämtliche Siegerehrungen statt. Es wurden 23 Bouquets benötigt.
Das Pressezentrum war dieses Mal in der neuen Turnhalle.
Festfreude in Hendschiken
Am Abend war ein grosser Tour de Suisse-Ball angesagt. Komiker Oeri sorgte für Spass und Humor. Erich Schärer und Peter Müller massen sich bei einem Hometrainer-Rennen.
Am Samstag kam mit dem Grossen Preis von Hendschiken ein nationales Gentlemen-Rennen zur Austragung. Hier durften wir auf den VC Hägglingen unter der Leitung von Ernst Geissmann zählen.
Für ein volles Festzelt und tolle Stimmung waren am Abend die 5 Kitzecker (orig. Oberkrainer), die Gettys (6-Mann-Orchester) und der Conferencier Herby verantwortlich. Um Mitternacht nahm Präsentator H. Gammenthaler mit den Herren Hans Schüpfer und Notar Ernst noch die Tombola-Verlosung (1. Preis: ein Datsun Cherry) vor.
Vergnügungspark, Barbetrieb, Bierschwemme und Spaghettistube trugen ihr Übriges zur guten Laune bei.
Wie nach jedem Fest waren für die erforderlichen Aufgaben wieder gute und fähige Leute im Einsatz.
Die Gewinnverteilung
Aus dem Anlass resultierte ein verfügbarer Betrag von Fr. 9125. 65.
Die Abschlussrechnung wurde von F. Iten und Y. Senn abgenommen.
Der Ertrag wurde für die Vereine, Helfer- und Helferinnen und das Abschlussfest verwendet.
Viele Helferinnen und Helfer
Auch dieser sportliche Anlass mit dem gesamten Rahmenprogramm war nur möglich mit dem grossen Einsatz aller Beteiligten.
In Lenzburg durften wir auf die sehr gute Arbeit von E. A. Scherrer, M. Blum, A. Brunner, A. Fischer, H. R. Galliker und K. Frischknecht zählen.
Prominente und Stars, welche nebst den im Bericht erwähnten Personen noch in unserem Dorf waren:
Walter Steiner, Skiflugweltmeister Walter Dürst, HC Davos Gustav Thöni, mehrfacher Gesamtweltcupsieger (2 Tage) Edi Bruggmann, Olympiazweiter, Ski Damen Rad-Nationalmannschaft mit Barbara Ganz Int. Junioren-Nationalmannschaften, GPR Louis Pfenninger, dreimaliger Tour de Suisse-Sieger Röbi Thalmann, Schweizermeister Rad Sepp Renggli, Radio-Reporter, Schweizer Radio Godi Dienst, WM-Schiedsrichter Heinz Pütz, TV-Reporter Schweizer Fernsehen Rita Andermann, Moderatorin Schweizer Fernsehen Regina Kempf, Moderatorin Schweizer Fernsehen Peter, Sue und Marc u.a.m.
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Bildband Tour de Suisse 1973
Der Bildband wurde von Fix Zobrist und Christoph Fischer erstellt. Zur Verfügung gestellt von Josef Gschwend.
>> Erinnerungsalbum 1973 (PDF-File) |
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Super-8 Film Tour de Suisse 1973 Super-8 Aufnahmen der Tour de Suisse in Hendschiken. Gefilmt von Emil Suter.
>> zum Film |
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